Anhängerfahrt gegen Blumengießen: So funktionieren die Illertisser Tauschgeschäfte

Der Tauschring Illertissen formiert sich nach zwei Jahren Pause wieder. So kann die Tauschring-Währung "Talente" eingesetzt werden.

 

Der Tauschring Illertissen formiert sich nach zwei Jahren Pause wieder.
So kann die Tauschring-Währung "Talente" eingesetzt werden.

Das Miteinander wird hier großgeschrieben: In Illertissen haben sich Menschen zusammengeschlossen, um ihre Fähigkeiten zu teilen. Beim Tauschring kann man so genau das, was man gut kann, anderen zur Verfügung stellen - und bekommt dafür Hilfe bei den Dingen, die man nicht so gut kann. Nach der Corona-Zwangspause ist der Tauschring jetzt wieder voll da - und möchte auch andere für die Idee begeistern.

Die Währung beim Illertisser Tauschring heißt "Talente". Das funktioniert so: "Arbeitsstunde wird gegen Arbeitsstunde getauscht", erklärt Barbara Casel, "und jede ist gleich viel wert." Sie finde die Tauschidee ganz faszinierend, fügt sie noch hinzu. Jetzt, nach mehr als zwei Jahren, können sich die Mitglieder wieder wie gewohnt in großer Runde treffen, jeden zweiten Mittwoch im Monat um 19.30 Uhr im Illertisser Pfarrheim. Das nächste Mal, 10. August, findet die Zusammenkunft ausnahmsweise im Restaurant La Piazza am Marktplatz statt. "Wir hoffen, dass es weitergeht", sagt Edeltraud Kraus, die ebenso wie Barbara Casel zum Organisationsteam gehört.

So funktioniert der Tauschring Illertissen

Doch was macht ein Tauschring eigentlich genau? Das erläutert Gilbert Kammerlander: "Hilfeleistungen werden gegeben, und die Stunden werden derjenigen Person gutgeschrieben, die die Arbeit macht." Verbucht würden die Anzahl der Stunden und die Art der Leistung auf einem eigens dafür vorgesehenen Arbeitsblatt, geht Edeltraud Kraus ins Detail. "Jedes Mitglied hat so ein Kontoblatt." Dabei entspreche eine Stunde zehn Talenten. "Das Ziel ist ein ausgewogenes Konto", betont sie. Wer Geräte ausleiht, auch das ist möglich, muss ebenfalls bezahlen - natürlich in Talenten. Kosten für Arbeitsmaterial seien, so heißt es im Flyer, Privatsache.

Zwei Beispiele: Gilbert Kammerlander etwa ist ein "Allroundhandwerker", repariert mal etwas oder fährt mit dem Autoanhänger zum Wertstoffhof, wie der Illertisser erzählt. "Wir wiederum brauchen häufig jemanden, der unseren Garten gießt." Seine Motivation: Hilfsbereitschaft. Die Vöhringerin Ingrid Harder fährt gerne Auto oder bäckt Kuchen. Warum sie auch dabei ist: "Soziale Kontakte spielen ebenfalls eine Rolle", meint sie. "Jeder hat Talente", resümiert Barbara Casel. Angebote und Gesuche erfahren die Tauschring-Mitglieder, die aus der näheren Umgebung stammen, über eine Marktzeitung und das Internet. "Da unsere Homepage nicht funktioniert, müssen wir sie erst wieder neu aufbauen und befüllen", bedauert Edeltraud Kraus.

Zu Corona-Zeiten musste der Tauschring sein Angebot einschränken

Die Corona-Zeit hat ihre Spuren hinterlassen. "Ein paar Leute sind ausgetreten", bilanziert die Illertisserin. "Anfangs haben wir die Hilfsangebote eingestellt", erinnert sich Barbara Casel. Insgesamt hätten sich die Tauschgeschäfte reduziert, fasst es Gilbert Kammerlander zusammen. Über eine WhatsApp-Gruppe und eine E-Mail-Gruppe hätten sie versucht, die Mitglieder zu vernetzen in dieser Zeit. Außerdem wüssten manche einfach auch, wen sie fragen könnten, wenn sie etwas brauchten, weiß Edeltraud Kraus. Dies werde dann direkt abgemacht. "Manche fragten an, wann wir wieder anfangen", freut sie sich. Zum Juli-Treffen seien die Mitglieder per Brief eingeladen worden. "Kurzfristig", meint sie. "Ein paar Rückmeldungen sind eingegangen."

Rund 35 Mitglieder zählte der Tauschring vor der Pandemie. Was ebenfalls wichtig ist: Der Tauschring ist kein Verein, ist eine Gruppe der katholischen Pfarreiengemeinschaft Illertissen. Wer mitmachen möchte, zahlt eine Aufnahmegebühr von zehn Euro, und gibt jährlich eine Zeiteinheit für die Organisationsarbeit ab. "Die Mitgliedschaft gilt für die gesamte Familie", betont Barbara Casel.

Zugezogene finden über der Tauschring in Illertissen Anschluss

Durch die Tauschring-Zeitung wisse man, wer was brauche, sagt Gilbert Kammerlander. Ein persönliches Erscheinen sei kein Zwang. Doch: "Es ist nicht nur eine funktionale, sondern auch eine soziale Einrichtung", hebt Edeltraud Kraus hervor. Gründe für eine Mitgliedschaft gibt es jedenfalls viele: neu Zugezogene, Menschen, die den Partner verloren haben, Ältere, die auf Hilfe angewiesen sind, Leute, die Kontakte suchen, nennt sie einige Beispiele. Wieder andere kämen, wenn sie gezielt etwas suchen würden.

Dass der Tauschring funktioniert, dafür ist ein Team aus acht Personen im Einsatz. "Einige Aufgaben sind zu erledigen", bringt es Barbara Casel auf den Punkt. Dazu gehören Öffentlichkeits-, aber eben auch Verwaltungsarbeit. So würden die Treffen abwechselnd vorbereitet. Bewährt habe sich ein Thema für den Abend: Spiele, Lachyoga, Anleitungen, wie man einen Dampfstrahler benutzt, Eis macht, zählt Edeltraud Kraus auf. Manchmal werde auch jemand als Referent eingeladen. "Man muss die Ressourcen nutzen", sagt sie. "Jeder hat welche."

 

Kontakt: Ansprechpartnerinnen für weitere Informationen sind Bärbel Lang unter 07303/3320, Zenta Kunzmann unter 07303/7507 sowie Edeltraud Kraus unter 07303/7531.